Am 29.04.2023 wurden 5 Bürger:innen vom Weser Kurier eingeladen, um mit den Spitzenkandidat:innen der Bremer Bürgerschaft sprechen zu können und sie mit beliebigen Fragen, Konfrontation oder Vorschlagen zu beraten.

Hierbei durfte ich die Schüler:innen und Jugendlichen Bremens vertreten und mit Thore Schäck (FDP), Kristina Vogt (Linke), Maike Schäfer (Die Grünen), Framk Imhoff (CDU) und Andreas Bovenschulte (SPD) eine Konversation führen, welche ich mit den gleichen Fragen füllte, um für mich persönlich den Vergleich herstellen zu können, welche Antworten von welcher Parteien ich am besten empfinde.

Im Voraus hatte ich schon geplant, welche Fragen ich stellen wollte, sodass ich mir etwas Nervosität sparen konnte, wobei ich mir dennoch einreden musste, dass die Politiker:innen vor mir immer noch normale Menschen sind, wie ich und alle anderen. Es war eine einmalige Gelegenheit mit ihnen als Jüngste der Gruppe persönlich sprechen zu können und meine Erwartung lagen hauptsächlich darin mich gesehen zu fühlen. Ich habe erwartet Antworten zu bekommen, welche Sinn ergeben, mir tatsächlich Klarheit über die nächste Amtszeit geben könnten und zu erkennen, dass die Politiker:innen, auch wenn sie selbst nicht mehr in ihrer Schulzeit sind, die Schüler:innen beachten und ihre aktuellen Probleme genauer Betrachten, als nur die Digitalisierung der Bildung oder die Sanierung der Schulen, welche schon sehr offensichtliche bearbeitungsbedürftige Themen sind.

Das Speeddating

Sobald ich den Treffpunkt betrat wurde ich direkt von einer Journalistin des Weser Kurier in Empfang genommen, diese begleitete mich durch den ganzen Prozess. Dies hat alles für mich sehr viel entspannter gemacht, weshalb ich dies nochmal erwähnen wollte.

Meine geplanten Fragen wollte ich auf den Bereich der Schüler:innen und der Jugendlichen fokussieren, weshalb ich mit den folgenden Fragen aufgekommen bin:

  • Was planen Sie für die Jugendlichen hier in Bremen? (Z.B. im Bereich der Bildung oder der Freizeitgestaltung)
  • Nach der Pandemie oder auch generell wurde mir immer wieder bewusst, dass viele Schüler:innen mit mentalen Problemen zu kämpfen haben und betroffen sind. Wie wollen Sie uns im Bereich der mentalen Unterstützung helfen, auch wenn momentan ein großer Pädagogenmangel herrscht?

Zu allererst sprach ich mit Thore Schäck der FDP. Hierbei antwortete er auf die erste Frage damit, dass Schulen besser finanziert werden sollen und dass das Bildungssystem und das Lernkonzept individueller betrachtet werden müsse, sodass man auch dies verbessern kann. Im Bereich der Freizeitgestaltung antwortete mir Schäck damit, dass Sportvereine während der Pandemie gelitten haben und diese auch attraktiver gestaltet und besser finanziert werden sollten. Auch die nötige Verbesserung der Kultur, Clubszene und Konzerte sprach er an. Auf meine zweite Fragen antwortete er, dass mentale Unterstützung an Schulen gefördert werden solle, indem mehr Schulpsychologen oder Coaches eingestellt und auch Lehrer:innen darin ausgebildet werden würden. Mit dieser Antwort hatte ich bei den meisten gerechnet, wobei ich dabei auch noch überrascht wurde. Allerdings warf sich in mir erneut die Frage des Geldes auf, diese konnte ich jedoch nicht mehr stellen, weil die 5 Minuten vorbei waren. Hierbei war ich mit der Antwort bezüglich der Bildung relativ zufrieden, hätte aber dennoch mehr Spezifität erwartet. Allein wegen des Hauptmotivs der FDP, dass sie doch Geld für Deutschland sparen wollen.

Von der FDP wanderte ich nun zur Linken. Auf meine erste Frage antwortete mir Vogt mit ihrer Planung für die Jugendlichen Bremens. Dabei sprach sie viel von der Segregation, die stetig unter uns allen verläuft. Diese möchte sie mithilfe der Jugendhilfe von Freizis auflösen, sodass Jugendliche, unabhängig aus welchem Stadtteil sie kommen, miteinander Zeit verbringen können. Auch sollten natürlich jungen Menschen aus ökonomisch schwachen Haushalten in allen bedürftigen Aspekten geholfen werden, sodass die Chancengleichheit in Bremen gefördert wird. Mit zum Beispiel Personalunterstützung und Förderung der Sprachkompetenz, besonders bei Familien mit Migrationshintergründen. Auch die Mobilität der Jugendlichen brachte sie hervor, indem sie über das durchgesetzte 49-Euro-Ticket sprach. Hiermit möchte sie Stadtmobilität fördern, wobei auch die Freizeitgestaltung über ganz Bremen verteilt werden solle und nicht nur in einigen Stadtteilen oder der Innenstadt. Die mentale Unterstützung der Jugendlichen empfand sie als besonders wichtig und auch dass diese mit mehr Ernsthaftigkeit betrachtet werden müsse. Besonders die Problemunterstützung der Familienkonzepte im Alltag und der Attraktivität der Ausbildungsplätze wurden Thema. In der Bildung empfand sie die Einrichtung von Ruheräume wichtig und dass die spezifische Beachtung der mentalen Problemen besser wahrgenommen werden sollte. Beenden tat sie das Gespräch damit, dass alles viel Zeit benötigen würde und man nicht direkte visuelle Änderung erwarten könnte. Besonders der letzte Teil hat mir an unserem Gespräch besonders gefallen. Sie hat viele Themen und Probleme direkt angesprochen und gab mir geräumige Klarheit über ihre Pläne für die Jugendlichen Bremens.

Darauf folgend durfte ich mit Meike Schäfer der Grünen sprechen. Bei der Frage nach Bildung hat sie mir einen unerwarteten aber doch sehr offensichtlichen Vorschlag genannt. Denn ihr Plan ist es, in der Bildung den Praxisanteil zu fördern, denn hierbei können spezifische Interessen erweitert und unterstützt werden, also eine Entwicklungszusammenarbeit. Auch bei diesem Aspekt soll die frühkindliche Förderung bei den Grünen im Fokus stehen. Bei meiner Frage hatte sie mich auch selbst gefragt, was ich denn von der Bildung erwarten würde und wie man diese verbessern könnte und dass man generell mehr mit den Schulen und Lehrkräften kommunizieren müsse, weil diese die Schule, das Schulsystem und ihre Schüler:innen doch am besten kennen. Zur Freizeitaktivität meinte sie, müsse man auch die Jugendlichen selbst fragen, wo ihre Interessen stehen und dass sie somit viel auf Kommunikation setzte. Die mentale Unterstützung in Schulen will sie mit Sozialpädagog:innen unterstützen, sodass auch mehr Fokus auf diese Gruppe gelegt würde. Außerdem sprach sie das ausbilden von Vertrauenspersonen in den Schulen an, welche auch aus verschiedenen Kulturbereichen kommen sollten, damit jede/r Schüler:in sich verstanden fühlt. Auch die Sprachkompetenzen meinte sie, müssen in diesem Bereich zur Vereinfachung der Kommunikation gefördert werden. Bei diesem Gespräch hat mich besonders überrascht, dass sie mir Rückfragen gestellt hatte. Meine Aufgabe war es letztendlich die Schüler:innen und Jugendlichen dieser Generation zu repräsentieren, weshalb man eigentlich als Politiker:in eine Möglichkeit hat, Rückfragen zu stellen, um zu zeigen, dass man seinen Bürger:innen, wie bei solchen Aktionen, wirklich zuhört und nicht nur für die Presse dort ist. Zudem hat sie mir auch als Erste ein konkretes Beispiel gegeben, wie man tatsächlich die Schule oder das Bildungssystem verbessern könnte, nicht nur die finanzielle Förderung oder die Unterstützung der Lehrkräfte.

Nachdem ich mit meiner Favoritin gesprochen habe, folgte darauf meine größte Skepsis der Spitzenkandidat:innen, Frank Imhoff der CDU. Bei der Frage, was die Kandidat:innen für die Jugendlichen in Bremen planen, antwortete er mir mit der Unterstützung von Kitas und Grundschule, weil diese Unterstützung dann die zukünftigen Jugendlichen beeinflussen solle. Denn er möchte die Noten ab der 3. Klasse wiedereinführen. Auch setzt er auf das verpflichtende Kita-Jahr, um die Kompetenzen der Kinder auf die gleichen Standards zu heben, wodurch dann die Quote der Schulabschließenden erhöht werden solle. Zudem will er die Individualität der Schüler:innen und die Behebung des Lehrkräftemangels unterstützen. Meine Frage darauf, dass Schüler:innen mehr Unterstützung mental bekommen sollten, aufgrund des Leistungsdruckes, wirkte sehr überraschend auf ihn, weshalb er selbst die Noteneinführung ansprach und sie selbst hinterfragte. Jedoch antwortete er, dass nicht nur die Schule, sondern auch die Familien der Schüler:innen beachtet werden sollen, als er auch über seine eigene Erfahrung mit seiner Familie während der Pandemie sprach. Auch die Ausbildungskapazität der Lehrer:innen sollte gefördert werden und dass die Freizeit der Kinder mehr Beachtung finden müsse. An sich wirkte Frank Imhoff überraschend sympathisch, allerdings hatte er mir sehr wage Antworten gegeben, jenes ich etwas entschuldigen könnte, weil wir nicht viel Zeit hatten. Dennoch denke ich, dass er direkter hätte sein können. Nur das mit der Noteneinführung und dem verpflichtenden Kita-Jahr nannte er mir, dies wusste ich allerdings schon wegen seines Kurzwahlprogramms. Denn von den anderen Spitzenkandidat:innen hatte ich direkte Antworten mit kurzen Plänen erhalten, weshalb Frank Imhoff auf mich eher fokussiert auf die Sympathie wirkte, als auf seine tatsächlichen Pläne der zukünftigen Politik der CDU in Bremen. Dennoch empfand ich ihn sympathischer als vorher.

Zuletzt sprach ich mit dem amtierenden Bürgermeister Andreas Bovenschulte der SPD. Mit der Planung für die Jugendlichen erwiderte er, dass er die Freikarte dauerhaft etablieren wolle, weil dies einen sehr positiven Effekt auf die Jugendlichen hatte. Zum Beispiel im Bereich der Individualität, Förderung der ökonomisch schwachen Haushalte und Aktivität. Weshalb er auch kurz den Kulturpass für 18-jährige ansprach, weil man die Freikarte nicht länger als 18 Jahre setzen könne, um das Budget realistisch zu halten. Daraufhin will er auch Sportvereine und -anlagen sanieren lassen, sodass auch diese wieder für Jugendliche attraktiv wirken würden. Auch sprach er die Pandemie an und die Bildung zu dieser Zeit und dass man die Schule nie wieder so lange schließen dürfe, allein schon wegen des Effekts auf die Kinder, welche sich nun neu in die Gesellschaft als fast Jugendliche integrieren sollen. Somit plant er eine Nachhilfeförderung und ein zentrales dauerhaftes Nachhilfenetzwerk, wobei Hausaufgabenhilfe erstattet werden müsse. Zu dem meinte er, dass die Familien- und Fachkräfteunterstützung gefördert und mehr Beachtung geschenkt werden solle, sodass Schulpsycholog:innen nicht überlastet seien und auch besser unterstützt würden. Ich war sehr zufrieden mit den Antworten des Bürgermeisters und denke auch, dass er mir konstruktiv die besten Antworten gegeben und sehr zielführend und direkt gesprochen hat, weshalb ich ihm am Ende auch noch meine Vorschläge als Vertreterin der Jugendlichen und Schüler:innen erläutern konnte und er sie auch dankend annahm.

Fazit

Was ich über die Spitzenkandidat:innen gelernt habe ist, dass alle auf mehr Unterstützung in Bremen zielen und dass besonders in den Bereichen der Bildung, Familienpolitik, generellen Fachkräfte und Jugendlichen fokussiert wird.

Mein Favorit nach dem Speeddating war definitiv Maike Schäfer der Grünen. Sie wirkte sehr freundlich und ich fühlte mich, als ob sie mit mir sprechen wollte, weil ihr die Möglichkeit gegeben wurde und nicht weil es Teil ihrer Medienkampagne war. Allein dass sie mir Rückfragen stellte und auf Kommunikation mit Jugendlichen und den Vertreter:innen der Bildung setzt, fand ich besonders wichtig, weil das nun mal eine parlamentarische Demokratie ausmacht und weshalb wir unsere Politiker:innen überhaupt wählen. Denn sie sollen unsere Stimmen vertreten und diese kann man nicht wiedergeben, wenn man sie nicht hört oder sucht. Allerdings muss ich auch sagen, dass der Bürgermeister von den Antworten her der Beste war, allerdings wirkte er nicht sehr sympathisch auf mich, sondern eher wie ein sehr großer wahrlicher Politiker.

Die Speeddating-Aktion des Weser Kuriers empfand ich als sehr interessant und wichtig, denn auch nach den Gesprächen blieben ein paar Politiker:innen wie Herr Schäck und Frau Schäfer noch Vorort, um sich noch etwas mit den Teilnehmer:innen zu unterhalten. Es war auch sehr aufregend für mich die Jüngste zu sein und diese Menschen zu treffen, welche ich zuvor nur auf Bildern, Plakaten, in Interviews oder Debatten sah, welche nun meine Generation vertreten werden. Dennoch hoffe ich, dass in 2027 die Gespräche für die nächsten Kandidat:innen und Vertreter:innen um ungefähr 5 bis 10 Minuten länger als nur 5 Minuten sind, sodass man vielleicht auch eine kleine Debatte führen könnte.

Artikel: Emma von Berg Dark / Fotos: Christina Kuhaupt