Von Frederike Evering

G8 oder Gy8 heißt es an Bremer Gymnasien. In Niedersachsen wurde das sogenannte Turboabitur wieder abgeschafft. Wann folgt Bremen?
Aber was halten eigentlich unsere Schüler von G8. Ich habe mich in unserer E-Phase ein wenig umgehört.

„Im Austausch für einen schnelleren Abschluss, gibt man seine Freizeit.“, erzählte mir Julia*, die auf dem Gymnasium war. Ihr alter Stundenplan enthielt viel mehr Nachmittagsunterricht als meiner und sie fühlte sich häufig gestresst von der Schule. Den Entschluss aufs Gymnasium zu gehen, bereut sie zwar im Nachhinein, aber das freie Jahr möchte sie im Ausland verbringen. Hätte sie damals die Möglichkeit gehabt in 13 Jahren Abitur am Gymnasium zu machen, hätte sie keinen Moment gezögert. „Aber meinen Eltern und mir war wichtig, dass ich gut auf mein Abitur vorbereitet werde und wir hatten Angst davor, dass ich auf einer Oberschule zu wenig lernen würde. Eine große Herrausforderung auf einer Oberschule besteht ja darin, als Lehrer allen gerecht zu werden und genug Wissen zu vermitteln. Die Starken dürfen nicht von den Schwachen runtergezogen werden. Sind die Anforderungen an alle gleich und das Leistungsnivau ähnlich wie auf dem Gymnasium, ist es einfacher. “

Mara* brachte es auf den Punkt: „G8 ist nicht für alle geeignet. Ich und viele andere brauchen und genießen die entspanntere Mittelstufe auf der Oberschule. Man muss die Dinge nicht beim erstem Mal verstehen und es gibt mehr Zeit für Hobbys und Freunde. Schließlich stresst niemand einen und genug Zeit zum Arbeiten bleibt trotzdem noch. Doch für andere, die sich sonst langweilen würden, ist G8 genau das richtige. “

Einige meiner neuen Mitschüler sind im Moment 14. Wenn sie nach dem Abitur in einer anderen Stadt studieren wollen, müssen ihre Eltern den Mietvertrag unterschreiben. Denn sie sind zu dem Zeitpunkt noch nicht volljährig. Und das nennt sich Erwachsen? Auch ein Auslandsaufenhalt ist vor dem 18. Geburtstag schwierig.

Reicht die Zeit um erwachsen und reif genug für Universitäten oder das Berufsleben zu sein? Und wie viel Lebens- und Berufsvorbereitung braucht man in der Schule? Schließlich hört man immer wieder von Abiturienten, die zwar in 3 Sprachen Gedichtsanalysen schreiben können, aber keine Ahnung von Steuererklärungen und Versicherungen haben.

Jetzt fragt man sich, ob Haupt- und Realschüler dann nicht auch mehr Schulzeit brauchen. Von meinen ehemaligen Mitschülern weiß ich aber, dass es diese Möglichkeit in Form von berufsvorbereitenden Schulen  gibt, auch wenn man sich extra bewerben muss. Ich hatte es meiner Anmeldung zur Oberstufe einfacher. Und kann man die Anforderungen an Realschüler und Abiturienten überhaupt vergleichen?

Wie sieht es mit Vorteilen von G8 aus?

„Man ist ein Jahr schneller fertig und kann schneller arbeiten. Durch einen Jahrgang weniger spart der Staat sicherlich Geld und eigentlich müssten dadurch auch mehr Lehrer zur Verfügung stehen. Aber warum merkt man davon nichts? Und warum haben die Klassen auf den Gymnasien immer noch 30 Schüler?“, fragt sich Mirella*.

Vielleicht will Bremen mit G8 auch seine Oberschulen attraktiver machen, weil sie G9 anbieten. Denn Oberschulen können nur mit einer guten Mischung funktionieren. Es muss  auch Gymnasiasten geben. Auch an unserer Schule befinden sich in den jüngeren Jahrgängen Kinder mit Behinderung.

In meinen Augen heißt Inklusion, das wirklich alle gemeinsam lernen und jeder in seinem Tempo. Warum dann überhaupt Gymnasien? Alles eine Frage des Geldes? Weil Inklusion mit ausreichend Personal zu teuer ist? In anderen Ländern funktioniert es doch auch!

(*= Namen wurden von der Redaktion geändert)